kleinansicht ausgabe

ich suche, also bin ich

mit der zeit ist die produktion von zeitgeisting eine gewohnheit geworden, die ich weiterpflege, während es anfangs symbolisch recht überladen war. es war auch ein ungewohntes verhalten für mich, mir fehlten die vorbilder, und ich probierte kategorien aus, in die ich mich und mein tun unterbringen könnte, doch fühlte ich mich nirgends wirklich aufgehoben. heute merke ich, dass dieses bedürfnis, mich in einer gesellschaftlichen funktion beschreiben zu können, langsam erlischt.

ich glaube, bei zeitgeisting handelt es sich um die kommunikation und damit die dokumentation eines persönlichen aufklärungsprozesses (was mir recht charmant vorkommt).

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" — ein wichtiger aspekt hierbei ist, sich dort abzuholen, wo man steht. meistens steht man ohne fertige antwort da. ich habe den eindruck, dass dann häufig die frage vergessen wird, als gälten nur fragen, auf die die antwort bereits bekannt ist. von Foerster nennt dies jedoch die illegitimen fragen.

wirtschaft, politik, medien, gesellschaft sind theorielos, wenngleich häufig gewisse modelle benannt werden, gegeneinander ausgespielt, benutzt. doch dies ist nicht theorie, dies ist ideologie. wir sind im selben zug entsetzlich philosophielos und halten das für professionell — was leider wahr ist: der profi führt aus und stellt nur fragen, die der ausführung dienen.

ich möchte nicht mehr professionell werden.

ich suche was gutes.

zum namen

ich bin mir nicht mehr sicher, doch ich spielte zu der zeit gerne mit anglizismen, über deren für und wider häufig stellungnahmen zu lesen waren (und die ersten ausgaben waren auch in (meinem) englisch geschrieben, in denen ich immer wieder deutsche worte pflanzte - quasi als ((schon wieder) symbolischer) konter). letztlich sah ich ein, dass ich kaum publikum hatte, das gerne englisch las, und da ich selbst interesse gewann, mich wirklich auszudrücken, schrieb ich irgendwann auf deutsch — was konkret durch die provokation eines freundes initialisiert wurde, der mich fragte, ob ich mich nicht hinter dem englisch verstecken würde, woran vielleicht auch etwas dran war).
an zeitgeisting gefiel mir, dass es quasi eine neue art zeitgeist postulierte: das sollten die inhalte sein, die wir in entspannten unterhaltungen führen ... back to meaning ...

zur untenstehenden beschreibung

untenstehender text ("meta") ist ein alter versuch, zeitgeisting zu erklären und herzuleiten. aus bequemlichkeit füge ich ihn an. ein wenig möchte ich mich erklären und verwende den alten text hierzu, wenngleich ich ihn heute so nicht mehr schreiben könnte — die gewichtungen haben sich verschoben. er ist jedoch ein nettes dokument vergangener zustände.

wenn ich diese alte selbstbeschreibung lese, wird mir deutlich, wie stark ich in der reaktion war. die formulierung, dass ich mein zeug selbst sehr ernst nehme, entspricht auch dem gefühl der unsicherheit, das ich damals empfand, als ich begann, in die (lokale) öffentlichkeit zu kommunizieren. wenn ich vom spaß sprach, den ich mir bezüglich meiner umwelt erwünschte, untertrieb ich einerseits meine bedürfnisse, da ich mir tatsächlich wirkung auf meine umwelt erhoffte. auf der anderen seite fühlte ich mich unwohl, wenn es sehr konzentriert betrachtet wurde — ich selber gehe sehr oberflächlich mit texten um, betrachte erst einmal die vage wirkung auf mich, bevor ich ins detail gehe. da meine produktion auch häufig sehr unkonzentriert, hastig von statten ging, kam es mir auch unangemessen vor, wenn details in zeitgeisting allzuviel aufmerksamkeit geschenkt wurde: vieles wurde nicht explizit gestaltet, sondern einfach irgendwie gemacht. dies entsprach nicht nur meiner kompetenz sondern auch meinem verständnis: die dinge müssen grob stimmen, grundsätzlich in die richtige richtung gehen. das heutige leben ist von details erpresst, die in der gesamtheit kein gutes ding ergeben. die perfektion im detail, so nahm ich es wahr, ist wertlos. form als selbstzweck vielleicht sogar gefährlich: die form soll etwas ausdrücken — wenn nichts von innen kommt, sollte vielleicht besser gar nicht so viel formuliert werden (die ausgabe "stop coding", 2007, formuliert mein unbehagen).

mittlerweile jedoch habe ich begonnen, sorgfältiger zu werden: schreibfehler, zb., stören mich heute stärker. ich möchte zunehmend nur noch sagen, was ich wirklich sagen kann, und damit auch nicht mehr ausversehen etwas anderes sagen. worte haben immer wirkung und können bedeutung haben, und meine worte (und andere formulierungen) sollen zunehmend bedeutsam werden (ich will mich entwickeln, ich will bewusst werden). simplifizierend: vielleicht geht es darum, nicht einfach nur zu spielen. es gibt spielen und spielen. ein leben ohne viel spiel ist tot, doch alles kann nicht spiel sein. irgendwo muss etwas verankert sein, und irgendwo muss es hingehen. wohin? nicht nach außen: nach außen franst alles fraktal aus — hier verliert man sich, strandet, läuft aus, verbrennt.
darin liegt auch ein problem der reaktion.

was andererseits wiederum überaschend gut "funktioniert" hat, ist der aspekt der psychologischen gesundheit: ich begann immerhin zu antworten und es tat gut, die eigene antwort in eigener form in den raum zu stellen.
2009-08-10


meta 2007-03-21_v0.2: why

massenmedien takten die kognitionen von gesellschaften, sie legen kommunikations-ebenen und katalysieren mit ihrer agenda entwicklungen. wo sie nicht genügen, tun sie ihren rezipienten weh: man hört, nimmt auf -- und kann nicht antworten. es sei denn mit einem leserbrief, der ihre hoheit anerkennt und um wahrnehmung bittet.

oder in bottom-up weblogs, deren meinungs-hierarchien durch links und clicks gebildet werden -- und irgendwie "notlos" wirken: es kostet nichts, wiegt nichts, kann nicht scheitern.
in print-organen vereinigen sich kosten-nutzen-relationen mit agenda-settings: die entscheidungen über thema, meinung und darstellung schlagen sich hier nieder in ihrer survilability am markt, den sie brauchen. ihre entscheidungen wiegen etwas, denn sie drucken sie. ein magazin kommuniziert top-down, ringt um deutungshoheit, um leadership -- das macht es so sexy.

zeitgeisting ist die ebenso arrogante reaktion auf als ungenügend empfunde journalistische auseinandersetzungen, legt den fokus auf etwas und sagt    das ist wichtig    und wichtig sind prinzipien, systeme, dynamiken, strukturen: muster.

zeitgeisting bietet wenig neues an, ist in form und inhalt mangelhaft, ist gerade gut genug.
es ist ansatz: selektion, perspektive.
es ist ein egoistischer rückkanal, der psychologische gesundheit herstellt, indem es auf der selben ebene antwortet, auf der empfangen wird: in form eines symbolischen 1seitigen magazins, das monatlich erscheint, als freelook-aushang die inhalte kostenlos veröffentlicht und in limitierter auflage -- als objekt -- zu haben ist.
zeitgeisting nimmt sich selbst schon sehr ernst -- der umwelt soll es nur spaß machen.


anmerkung 2009-08-10:
ich habe den teil des textes durchgestrichen, der sich für mein empfinden auf die aktuelle situation nicht mehr gut anwenden lässt.